Wolfgang Ultes (57) ist trotz voller Leidenschaft für den FC Ingolstadt ein ruhiger Mann. Immer wieder klingelt am Spieltag gegen Hansa Rostock sein Handy. Ultes ist ein gefragter Mann und jemand der sich dem FCI und der Inklusion verschrieben hat. Ultes ist Vorsitzender des FCI-Fanklubs „Schanzer Rollis“, Fanbeauftragter für Menschen mit Handicap und trainiert das Inklusionsteam „11 Freunde.“ Zusammen mit Claudia Wille koordiniert er vor Ort auch an Spieltagen, dass alles funktioniert. Die Leidenschaft für den Drittligisten teilt er mit seiner Tochter Lisa, die im Rollstuhl sitzt. „Wir haben im Audi Sportpark noch keine fünf Heimspiele verpasst“, sagt Ultes.

Oftmals fehlt Menschen, die kein Handicap haben, der Blick für Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Oder besser gesagt, was Menschen mit Handicap für Voraussetzungen benötigen, um ein Fußballspiel verfolgen zu können. Menschen, für die kleine Schwellen im Boden schon eine Herausforderung werden können. Hinter dem Begriff Barrierefreiheit verbirgt sich alles, was Menschen den Zugang zu Gebäuden erleichtern soll. Teilweise gibt es politische Vorgaben oder auch durch die Verbände, wie der DFL (Deutsche Fußball-Liga) oder dem DFB (Deutscher Fußball Bund). Die DFL organisiert den Spielbetrieb in der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga, der DFB in der dritten Liga. Bei der Organisation von Auswärtsfahrten spielt die Ligazugehörigkeit zwar keine große Rolle. „Wir sind bisher immer gut untergekommen“, sagt Ultes und beschreibt das Problem in den Stadien:„Es gibt einen großen Unterschied zwischen älteren und modernen Stadien. Bei modernen Stadien sind die Plätze und die Sicht besser.“ Vor allen in der 3. Liga gibt es noch Stadien aus Zeiten in denen Barrierefreiheit ein Fremdwort war. Beim Bau des Audi Sportparks (2009 – 2010) wurde damals Fanclubgründer Jürgen Haas miteinbezogen, um gute Bedingungen für die Rollstuhlfahrer zu schaffen. 24 überdachte Plätze gibt es im Sportpark. Die Begleitpersonen dürfen kostenlos ins Stadion. „Inklusion und Barrierefreiheit sind dem FC Ingolstadt ein wichtiges Anliegen“, bekräftigt FCI-Vizepräsident Andreas Mayr. Während in der 1. Bundesliga manche Klubs sogar die Plätze für Menschen mit Handicap reduziert, teilweise auch aus wirtschaftlichen Gründen wie die Wochenzeitung Zeit im Mai berichtete.

Und auch bei den Fans gibt eine hohe Sensibilität. 76 Mitglieder zählt der Fanclub „Schanzer Rollis“, davon sind 25 Menschen Rollstuhlfahrer, der Rest Begleitpersonen und Menschen, die mit ihrer Mitgliedschaft die Arbeit unterstützen wollen. Denn eine gute finanzielle Ausstattung ist essenziell, um Auswärtsfahrten zu ermöglichen. „Bei drei Auswärtsfahrten unterstützt uns der FCI“, erklärt Ultes. Ab 350 Kilometer Distanz übernachten die Auswärtsfahrer in einem Hotelzimmer, sonst werde es bei so langen Fahrten einfach zu anstrengend. Für die Organisation einer Auswärtsfahrt ist ein Vorlauf von drei Wochen nötig. Eine Dauerkarte inklusive Begleitperson kostet 112,50 Euro. „Ein fairer Preis“, sagt Ultes, zumal Menschen mit Handicap zusätzlich höhere Gesundheitskosten haben und die gesetzliche Krankenversicherung nicht alle übernimmt. Grundsätzlich wünscht er sich mehr Verständnis: „Es hat sich viel getan. Aber manchmal wäre es hilfreich, uns ein bisschen mehr einzubinden.“ Als Beispiel nennt Ultes die beiden letzten Testspiele des FCI am Trainingsgelände. An einem Spiel standen Sonnenschirme bereit, beim anderen nicht. Aber auch seine Mitmenschen bittet er um mehr Rücksicht: „Wenn Personen ohne Handicap dann einen Schritt vor den Rollstuhlfahrern stehen, sehen sie nichts.“ Generell zeigt er sich aber zufrieden: „Es hat sich viel getan in den letzten Jahren, das Fußball für Alle zugänglich ist.“

Hintergrund
FCI erfüllt Vorgaben nicht und ist damit in guter Gesellschaft
Laut DFL müssen Vereine mit einem Stadion mit einer Kapazität von 15.000 Plätzen, 100 Rollstuhlfahrerplätze zur Verfügung stellen. Beim FCI gibt es 24. Bereits 2009 empfahl die DFL den Klubs eine Anzahl von 30. Zwar gehört der FCI aktuell nicht der DFL an, denn die DFL organisiert den Spielbetrieb der 1. und 2. Bundesliga. Jedoch hätten die Schanzer diese Vorgabe bereits länger umsetzen müssen. Von 2010 – 2015 gehörte der FCI bereits der 2. Bundesliga an.
Doch die Schanzer sind in guter Gesellschaft. Wie eine Recherche der Wochenzeitung Zeit zeigt, halten etliche Bundesliga-Klubs die Vorgaben der DFL und des Gesetzgebers nicht ein. Einige Klubs bauen sogar Plätze zurück. Teilweise auch als wirtschaftlichen Gründen. Inklusion ist bei manchen Klubs also eine Sache für einen Aktionsspieltag, aber wird in der Praxis teilweise nicht konsequent umgesetzt. Die Gründe sind dafür auch bauliche Gründe in den Stadien. Aber auch im neugebauten Stadion des Karlsruher SC, wird die Vorgabe nicht eingehalten.
Links und weitere Informationen
Reiseführer für die 3. Liga – Fans mit Handicap
Die Zeit: Wie die Bundesliga Rollstuhlfahrer ausschließt
